Wenn die Uni mitreist

Erste wärmende Sonnenstrahlen fallen auf die Haut, eine leichte Brise weht in die Haare, kreideweißer Sand rieselt zwischen den Zehen. Die Welt wacht langsam auf und am Horizont sind kleine Fischerboote zu erblicken. Könnte man sich einen schöneren Start in den Tag vorstellen?

Die derzeitigen Umstände haben uns Studierenden eine sehr gute Vorstellung über ein komplett präsenzfreies Studium geliefert. Könnte man auf diese Karte in der Zukunft setzen? Denn ein Fernstudium ließe sich auch vom Strand am anderen Ende der Welt realisieren.

Durch einen Laptop die Uni auf die Reise mitnehmen (Bild: iStock by Getty Images)

Corona-Distanzlehre

Alle Studierenden an der Hochschule Hannover und an fast allen anderen deutschen Universitäten erleben zurzeit die wegen der Corona-Pandemie angeordnete digitale Lehre. Mit Ausnahme einzelner Präsenzveranstaltungen, die unter strengen Hygienevorschriften stattfinden dürfen, spielen sich die restlichen in Form von Online-Konferenzen ab. Zurzeit heißt es also: ein Laptop und eine stabile Internetverbindung als Schlüssel zur erfolgreichen Fortsetzung des Studiums!

Im Grunde genommen bietet momentan die HsH ein sehr kostengünstiges Fernstudium an. Bei Fernuniversitäten fallen für die Studiengebühren erhebliche Kosten von mehreren hundert Euro pro Monat an. Würden staatliche Hochschulen und Universitäten an dieser Form der Lehre in der Zukunft festhalten, könnten sich Reisebegeisterte freuen, denn eine Kombination aus Study & Travel wäre plötzlich zugänglicher denn je. So idyllisch ein solches Studium jedoch auf den ersten Blick scheinen mag, bedarf das Thema einer näheren Diskussion.

Studientraum oder Stressauslöser?

Morgens in einen sonnigen Tag aufwachen, bunte Papageien fliegen über die Terrasse der gebuchten Unterkunft, vor Beginn der Vorlesung noch kurz schwimmen gehen. Klingt das nicht herrlich? Die örtliche Unabhängigkeit zählt unumstritten zu den größten Vorteilen dieses Studienmodells. Falls in manchen Modulen keine zeitgebundene Anwesenheit im Online-Meeting vorgesehen ist, ist ebenso die zeitliche Einteilung des eigenen Lernpensums kaum eingeschränkt. Bin ich jedoch diszipliniert genug, um mich selbst zum Lernen zu motivieren? Vergesse ich in all der Freude nicht, mir die nächste Prüfung richtig zu terminieren? Kann ich mich darauf verlassen, dass es an meinem nächsten Aufenthaltsort eine stabile Internetverbindung geben wird? Diese Punkte muss ich vorab mit mir selbst klären. Außerdem steht die Frage der Finanzierung im Raum. Im Normalfall reichen nämlich allein die Ersparnisse nicht aus, um sich ein 3-jähriges Bachelorstudium ohne regelmäßige Einnahmen zu leisten. Und schon gar nicht in Kombination mit dem Reisen. Wer aber all dies unter einen Hut bekommt, kann sich über eine individuelle Festlegung der Prüfungsleistungen freuen, Anreisezeiten zum Campus wegstreichen und am Ende einen gleichwertigen Abschluss erwerben, der dem Arbeitgeber die eigene Disziplin und Organisation beweist. Und das alles, während man parallel die Welt entdeckt.

Stichwort: Kommunikative Kompetenzen

Beim Studium liegt oft der Fokus auf Teamarbeit und gegenseitigem Austausch, sei es unter Studierenden oder zwischen Studierenden und Dozierenden. Zahlreiche Berufe leben von direkter Kommunikation, samt Eventmanagement. Es ist fraglich, inwiefern das Fernstudium Eventmanagement-Studierende mit den nötigen Kompetenzen in diesem Bereich so ausstatten kann, dass sie später im Arbeitsleben erfolgreich durchstarten können. Denn die Erfahrung ist folgende: 1. Die Beteiligung der Studierenden in Vorlesungen und Seminaren ist stark zurückgegangen. 2. Studierende tendieren dazu, den „direkten“ Kontakt durch Ausschaltung der Kamera zu vermeiden. 3. Kurz vor anstehender Gruppenarbeit im Seminar verlässt ein Anteil der Studierenden das Meeting. Diese drei Beobachtungen machen deutlich, dass die Online-Lehre eine gewisse soziale Isolation verursacht sowie der Gruppendynamik schadet.

Studieninhalte vergleichbar?

Das Veranstaltungsmanagementstudium an der Hochschule Hannover zeichnet sich durch ein lebendiges Studienprogramm aus. Die Praxisprojekte und Praxisphase, kreative Lehrveranstaltungen wie Layout-Software oder Szenografie, sowie technische Kurse wie Veranstaltungstechnik, geben dem Studium das Leben. Im Großen und Ganzen sind die Curricula der Fernunis ähnlich aufgebaut. Allerdings werden verständlicherweise Eventmanagement-Studiengänge an Fernunis um die Praxis gekürzt. Abgesehen davon gibt es in den Curricula privater Anbieter Module wie Fremdsprachen (z.B. Englisch, Spanisch etc.), Computer-Training zur Verbesserung der technischen Skills oder Luftverkehrsmanagement, die die Hochschule Hannover nicht anbietet. Man muss sich also Prioritäten setzen und für sich selbst die Vor- und Nachteile der jeweiligen Studienform abwägen.

Erfolgreiche Umsetzung in der Praxis?

Während ein Fernstudium für einige nicht in Frage kommt, verwirklichen andere ihren Traum. Wie der Absolvent eines Fernstudiums Allan Wilson auf seinem Blog schildert, hat er kurz nach Beginn seines Präsenzstudiums festgestellt, dass er für sowas nicht bestimmt ist. Er entschied sich für einen neuen Studiengang, packte seinen Koffer und flog nach Südostasien. Von dort aus studierte er Business Administration an der University of Sheffield, später absolvierte er noch zwei weitere Distanzkurse. In die Heimat nur für Prüfungen einreisen, schriftliche Prüfungsleistungen durch Bekannte ausdrucken und abgeben lassen, Gruppenarbeit in Form einer „group of one“ – so sah Allan´s Studium aus. Haben denn am Ende die Benefits des Fernstudiums überwiegt? Allan´s Meinung nach auf jeden Fall. Die zeitliche sowie örtliche Unabhängigkeit war ihm sehr wichtig. Er schloss mit „befriedigend“ ab, während er an Flughäfen, in Zügen und auf Stränden lernte. Durch Distance Learning erwarb er die erforderlichen Kompetenzen, um ein eigenes Business aufzubauen. Über die Frage der Finanzierung oder der fehlenden menschlichen Komponente äußert sich Allan allerdings nicht. Ob sich das Fernstudium für einen am Ende lohnt und die eigenen Erwartungen erfüllt, ist, wie man sieht, sehr individuell.